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Dialektalisierung / Regionalisierung

Um bei den zumeist bilingualen bzw. bivarietären Gewährspersonen (Dialekt und Hochdeutsch) die angestrebte (basis-)dialektale Sprachlage zu aktivieren, ist es nötig, die sprachlichen Stimuli nicht im Standard anzubieten, sondern im jeweiligen Ortsdialekt bzw. – aus praktischen Gründen – ggf. in einer überregionaleren Varietät, die einen Ausgleich zwischen mehreren benachbarten Orten darstellt. Das gilt mindestens für die Testsätze selbst, im Idealfall sogar auch für die hinführenden Situationsbeschreibungen. Die Fragebogenaufgaben mussten also dialektalisiert bzw. regionalisiert werden, das heißt phonographisch an den entsprechenden Dialekt angepasst werden, bevor sie an die Gewährspersonen verteilt bzw. verschickt wurden. Aufgrund des Umfangs des Forschungsvorhabens war eine solche „Einlautung“ jedoch nicht orts(punkt)genau möglich, sondern es musste ein Kompromiss aus Notwendigkeit und Machbarkeit gefunden werden: Die Dialektalisierung/Regionalisierung muss einerseits genau genug sein, damit sich die Befragten mit der verwendeten Varietät identifizieren können, hängt in ihrer Umsetzbarkeit aber andererseits wesentlich von der Anzahl der Testsätze, der Ortspunkte und der betroffenen Dialektgebiete ab. Während es beim SADS reichte, drei Dialektversionen herzustellen (mit eigenen Fragebögen für die Kantone Bern und Wallis), ist die „Kleinräumigkeit“, das heißt die phonologische, morphologische und lexikalische Heterogenität der Dialekte in Hessen so stark ausgeprägt bzw. deren kommunikative Reichweite so gering, dass in SyHD 17 Regionalisierungsversionen für die innerhessischen Gebiete und weitere 12 Versionen für außerhessische Vergleichspunkte erstellt wurden (siehe Karte). Letztere liegen im Abstand von 50–75 km elliptisch um das Bundesland Hessen („hessischer Gürtel“) und sollten einen Anhaltspunkt für den weiteren Verlauf der syntaktischen Variation angrenzend an das Untersuchungsgebiet liefern.

Zur Illustration seien hier sämtliche 29 (17+12) eingelautete Versionen anhand eines Beispieltestsatzes angeführt (hier für eine Frage zum Verbalcluster im Nebensatz: Also ich weiß nicht, ob er einmal heiraten will/will heiraten). Die Dialektbezeichnungen orientieren sich an der Einteilung Wiesingers (1983). Wo zwei oder drei Bezeichnungen nacheinander auftreten, steht dies für ein dialektales Übergangsgebiet. Größere Dialektgebiete wurden aufgeteilt und für sie wurde jeweils mehr als eine Version angefertigt: 

Regionen in HessenBeispielsatz
Rheinfränkisch aAlso isch waaß net, ob er emol heiern will.
Rheinfränkisch bAlso isch waaß net, ob er emol heiern will.
Zentralhess.-Moselfr.-Rheinfr.Also ich waaß nit, ob er emol heirate will. 
Zentralhess.-Rheinfr.Also ich waaß nit, ob er emol heuroate will. 
Zentralhess.-Moselfr. aAlso eich waaß nit, ob hä emol heirode will.
Zentralhess.-Moselfr. bAlso eich waaß net, ob er emol heirode will. 
Zentralhessisch aAlso ich waaß net, ob er emoal heuroade will. 
Zentralhessisch bAlso eich waaß nid, ob er emol heurade will. 
Zentralhess.-Osthess.-Ostfr.Also ich weiß nett, ob er emoa heuroate will.
OsthessischAlso ich weiß net, ob hä emoh heirod will. 
Zentralhess.-Nordhess.Also eich weeß net, ob er emol heurode well. 
Nordhessisch aAlso ech wiß nit, ob hä emol freie will.
Nordhessisch bAlso ech weß net, ob hä emoh frechen well. 
Nordhess.-Osthess.Also ich wäß net, ob hä emol fräie well.
Nordhess.-Thüring.Also ich weß net, ob hä email freien well.
Westfälisch aAlso ik wäit nit, af häi äinmoal hieroate will. 
Ostfälisch aAlso ik weit nich, af hei äinmoal hieroate will. 
Orte außerhalb HessensBeispielsatz
Rheinfränkisch cAlso ich wees nit, ob der emol heirate well.
Rheinfränkisch dAlso ich wäß net, ob er emol heirate will. 
MoselfränkischAlso ech waaß net, ob er emol heiraden will. 
RipuarischAlso eich waaß net, ob er emol heirode will. 
Westfälisch bAlso iek wäit nit, af hai enmoal hieroaten will. 
Westfäl.-Ostfäl.Also ik weit nich, af hei moal frijjen will.
Ostfälisch bAlso eik weit nich, ob hei moal hieroate will. 
Thüringisch aAlso ich weß nich, ob ahr ema freien will.
Thüringisch bAlso ech weß net, ob hae ema freien well.
Ostfränkisch aAlso iech wäß näd, ob ha ämol heier will. 
Ostfränkisch bAlso i wääs nidd, ob dar emol frain well. 
SchwäbischAlso I woiß ette, ob er mol heirate will. 

Als Hilfsmittel bzw. Quellen, die zur Anfertigung der Dialektalisierungen/Regionalisierungen herangezogen wurden, wurde nicht nur die Möglichkeit der (telefonischen) Befragung ortsansässiger Dialektsprecher_innen genutzt, sondern auch Ortsmonographien/-grammatiken, großlandschaftliche und lokale Wörterbücher, Sprachproben/Tonaufnahmen sowie die Wenkerbögen aus den entsprechenden Orten und – nach einem ersten Rücklauf etwa zu einem Pretest – die Schreibungen der Informant_innen selbst (in allen Fragebogenteilen mit „freien Antworten“), insbesondere, weil es sich bei den letzten beiden Quellen um Laienschreibungen handelt.