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Dialekte in Hessen

Hessen ist dialektal sehr vielfältig. Auf dem Gebiet des Bundeslandes finden sich mehrere großflächige Dialektverbände, sodass von dem einen Hessischen nicht die Rede sein kann. Die Grenzen, anhand derer die Dialekte Hessens voneinander abgegrenzt werden, sind dabei aber nicht unbedingt deckungsgleich mit administrativen Grenzen:

Das Land Hessen ist mit dem Lebensraum der Hessen nicht identisch, außerdem sind die Mundarten Hessens bei weitem nicht so einheitlich, daß man von dem hessischen Dialekt sprechen könnte. (Friebertshäuser 1987: 43)

Die dialektale Vielfalt Hessens ist auch den Hessen bewusst. Wenn Dialektsprecher darauf verweisen, dass im Nachbarort ganz anders gesprochen wird, haben sie als Bezugspunkt jeweils den eigenen Ortsdialekt mit seinen ganz spezifischen Besonderheiten. Ganz so kleinräumig sind traditionelle Dialekteinteilungen, die vor allem auf lautlichen Merkmalen basieren, aber nicht. In der Dialektologie wird nicht zwischen lokalen Ortsdialekten, sondern großflächigeren Dialekträumen unterschieden. Es sind u.a. lautliche Gemeinsamkeiten, die einen Dialektraum als solchen kennzeichnen, ihn aber auch von anderen Dialekten, die diese Gemeinsamkeiten nicht teilen, unterscheiden. Eine der wichtigsten Dialektgrenzen, deren Verlauf auf ebensolchen lautlichen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschieden basiert, ist die Benrather Linie, die auch die maken-machen-Linie genannt wird. Während südlich dieser Grenze machen gesagt wird, wird nördlich davon die lautlich abweichende Variante maken verwendet. Die Benrather Linie trennt so die niederdeutschen (maken) von den hochdeutschen Dialekten (machen). 

Niederdeutsch

Im Norden bzw. Nordwesten Hessens, nördlich der Benrather Linie, werden niederdeutsche Dialekte gesprochen. Im nördlichsten Zipfel Hessens, nördlich von Kassel und an der Grenze zu Niedersachsen, wird Ostfälisch gesprochen. Die an Nordrhein-Westfalen angrenzende Region nördlich von Waldeck, um Korbach, Bad Arolsen und Willingen (Upland), gehört zum Westfälischen. 

Nordhessisch

Als Nordhessisch wird die Dialektregion bezeichnet, die nördlich von Marburg an der Lahn aus bis nach Kassel im Nordosten reicht. Im Südosten wird die Region durch die Schwalm begrenzt (vgl. Friebertshäuser 1987: 54). Das Nordhessische grenzt an den niederdeutschen Dialektraum, von dem es sich lautlich allerdings wesentlich stärker unterscheidet als vom ebenso angrenzenden Osthessischen. 

Osthessisch

Das Osthessische umfasst das Gebiet östlich des Vogelsbergs mit der Stadt Fulda im Zentrum. Im Süden wird das Gebiet begrenzt durch den Spessart, im Norden reicht es bis in die Schwalm hinein (vgl. Friebertshäuser 1987: 54). Im Osten sind die Grenzen des Osthessischen nicht deckungsgleich mit denen des Bundeslandes Hessen. Osthessisch wird also auch in Thüringen gesprochen, zum Beispiel in Teilen der thüringischen Rhön. 

Zentralhessisch

Unter Zentralhessisch fällt der Bereich, der geographisch durch die Lahn im Norden, im Osten durch den Vogelsberg, im Süden durch den Main und im Westen durch den Westerwald und den Taunus begrenzt ist (vgl. Friebertshäuser 1987: 50). Im Norden reicht das Gebiet des Zentralhessischen bis Marburg an der Lahn, im Süden bis nördlich von Frankfurt am Main. Im Westen ist die Grenze des Zentralhessischen in etwa identisch mit der Grenze des Bundeslandes Hessen, das Gebiet reicht bis Limburg an der Lahn im Südwesten und Haiger (Lahn-Dill-Kreis) im Nordwesten.

Rheinfränkisch

Der Dialekt, der in Südhessen südlich des Mains gesprochen wird, gehört zum Rheinfränkischen. Nur ein kleiner Teil dieser Dialektregion befindet sich innerhalb der Landesgrenzen Hessens. Das Rheinfränkische reicht ausgehend von Frankfurt bis weit über die administrativen Grenzen Hessens hinaus. Es erstreckt sich bis nach Karlsruhe in Baden-Württemberg und an die rheinland-pfälzisch-saarländische Grenze (westlich von Kaiserslautern).

Übergangsgebiete zwischen den Dialekten

In Hessen finden sich zudem zahlreiche mehr oder weniger große Übergangsgebiete zwischen aneinander angrenzenden Dialekten, in denen sich Merkmale sowohl des einen als auch des anderen Dialekts finden lassen (vgl. Friebertshäuser 1987: 54). Besonders schwer voneinander abzugrenzen sind bspw. das Nord- und das Osthessische. Zwischen den eindeutig nord- bzw. osthessischen Räumen liegt als Übergangsgebiet die Schwalm. Die Grenze von Ost- und Nordhessisch lässt sich gegenüber dem Zentralhessischen schon eindeutiger bestimmen, ist jedoch noch immer weit weniger deutlich als die Abgrenzung gegenüber dem Ost- und dem Westfälischen (vgl. Friebertshäuser 1987: 50).

„Neuhessisch“

Schließlich gibt es auch noch das sogenannte „Neuhessische“. Das ist das, was man aus Radio und Fernsehen kennt und das häufig als typisch hessisch aufgefasst wird. Künstler wie Badesalz, Mundstuhl, Bodo Bach oder Maddin Schneider imitieren dabei eine Sprechweise, die man sprachwissenschaftlich als „Neuhessisch“ bezeichnet. Das tatsächliche Gebiet, in dem „Neuhessisch“ gesprochen wird, lässt sich nur schwer eingrenzen. Das Kerngebiet liegt im Bereich des Städtedreiecks Mainz/Wiesbaden,  Frankfurt/Offenbach und Darmstadt, aber „Neuhessisch“ wird auch im Odenwald, im westlichen Spessart, in Rheinhessen und in der Wetterau bis nach Gießen gesprochen (vgl. Dingeldein 1994: 277). „Neuhessisch“ ist dabei aber weniger ein Dialekt als ein Regiolekt. Es ist näher an der hochdeutschen Sprechweise anzusiedeln als der Dialekt, weicht aber dennoch in bestimmten Wörtern, der Aussprache und der Grammatik vom Hochdeutschen ab (vgl. Friebertshäuser 1987: 50). Im Gegensatz zu den alten Dialekten besitzt der Regiolekt eine „überregionale Verstehbarkeit“ (Dingeldein 1994: 273). 

Weiterführende Literatur

  • Dingeldein, Heinrich J. (1994): Grundzüge einer Grammatik des Neuhessischen. In: Kohnen, Joseph/Solms, Hans-Joachim/Wegera, Klaus-Peter (Hgg.): Brücken schlagen. „Weit draußen auf eigenen Füßen“. Festschrift für Fernand Hoffmann: 273–309. Frankfurt am Main: Lang.
  • Friebertshäuser, Hans (1987): Das hessische Dialektbuch. München: Beck.
  • Friebertshäuser, Hans (2004): Die Mundarten in Hessen. Regionalkultur im Umbruch des 20. Jahrhunderts. Husum: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft.
  • Wiesinger, Peter (1983):  Die Einteilung der deutschen Dialekte. In: Besch, Werner/Knoop, Ulrich/Putschke, Wolfgang/Wiegand, Herbert Ernst (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. 2. Halbband. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 1.2): 807–900. Berlin/New York: Walter de Gruyter.