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Durchführung von Pretests

Bevor man die fertigen Fragebögen im Rahmen der Haupterhebungen an sämtliche Gewährspersonen verschickt (in SyHD über 1.000, gemessen am Rücklauf), empfiehlt es sich dringend, Vorabuntersuchungen (Pretests) durchzuführen, das heißt die entworfenen Bögen zunächst an ein repräsentatives Sample von Gewährspersonen zu schicken. Dadurch kann man allgemein die unterschiedlichen Aufgabentypen (sowie deren Eignung für bestimmte Phänomene) und das Design einzelner Fragen daraufhin testen, ob sie eine (qualitativ wie quantitativ) noch beherrschbare Komplexität aufweisen. So soll vermieden werden, dass die Gewährspersonen – je nach Alter und Hintergrund – damit überfordert sind, was sich in einer erhöhten Anzahl „inkonsistenter Antworten“ äußern würde. Ein ebenso wichtiges Ziel von Pretests ist es, eventuelle Missverständnisse bei der Formulierung sowie potenzielle Ausweich- bzw. Vermeidungsstrategien der Gewährspersonen zu erkennen und ihnen vorzubeugen. Dazu muss ausreichend, aber keinesfalls zu viel Spielraum für Abweichungen von den angestrebten Zielkonstruktionen gelassen werden, da sonst die Zahl der „irrelevanten Antworten“ sehr hoch ausfallen könnte. Einerseits muss es also die Fragestellung zulassen, sich gegen eine vorgegebene Konstruktion zu entscheiden bzw. eine davon abweichende zu wählen, andererseits sollte das Feld der Antwortmöglichkeiten eng genug gesteckt sein, damit die intendierte Konstruktion und deren Alternativen vorkommen können bzw. durch eine hinreichend enge Fragestellung evoziert werden. Geht es also zum Beispiel um die Erhebung von (indefinit-partitiven) Pronomina, ist es ein unerwünschtes Ergebnis, wenn das Substantiv wiederholt wird anstatt pronominalisiert zu werden (Da sind Pilze! statt Da sind welche/ere!). Dennoch muss die Möglichkeit der Wiederholung des Substantivs gegeben sein, falls für eine Gewährsperson die Pronominalisierungsstrategie in einem bestimmten Kontext nicht akzeptabel ist (etwa eines Abstraktums wie Angst durch ein indefinit-partitives Pronomen welche/ere/eine: Hast Du Angst? – Ja, ich habe Angst). Bei der Erhebung dieses Phänomens hat es sich als sehr sinnvoll erwiesen, das Antezedens, auf das sich das Pronomen bezieht, noch einmal direkt in den Stimulussatz, das heißt in die Antwort der Gewährsperson selbst mit einzubauen, etwa bei: Wie viele Geschwister hast du? – Geschwister? Ich hab (ere) fünf. Dadurch sinkt die Gefahr einer Vermeidung der Pronominalisierung durch Wiederholung des Substantivs (Geschwister? Ich hab fünf Geschwister) deutlich (vgl.. Strobel 2012).

Darüber hinaus geben Pretests auch Feedback zur Qualität der dialektalen/regionalen Einlautung. Sollten Gewährspersonen hier mehrheitlich Korrekturen angebracht bzw. bei den „freien Antworten“ eine lautlich (wenn auch vielleicht nicht syntaktisch) abweichende Alternative angegeben haben, kann man vor der Haupterhebung noch Anpassungen vornehmen. 

Literatur

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  • Kasper, S. (2011): Dialektsyntaktische Phänomene, die niederdeutsche Sprachgrenze und das Projekt Syntax hessischer Dialekte (SyHD). 1. Nachwuchskolloquium für niederdeutsche Sprachforschung und 4. Kolloquium des Forums Sprachvariation, Universität Flensburg.
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